BioVal: Wissenschaft für mehr Biodiversität

Kategorie: BioVal: Wissenschaft für mehr Biodiversität

Biodiversi-whaaat? Biodiversität ist die Vielfalt von Pflanzen, Tieren und Lebensräumen – und sie ist unverzichtbar für stabile Ökosysteme und eine intakte Umwelt. Wälder, Moore und Korallenriffe speichern CO₂, schützen vor Überschwemmungen und sorgen für saubere Luft und Wasser.

Aber: Der Verlust von Artenvielfalt bringt diese natürlichen Klimapuffer ins Wanken – und heizt den Klimawandel weiter an. Deshalb engagieren wir uns im Forschungsprojekt BioVal, um Biodiversität messbar zu machen und unsere Prozesse so zu gestalten, dass sie die Artenvielfalt erhalten und fördern.

Wie das konkret aussieht, erfährst du hier!
26.11.2024
in #Umwelt
Lesedauer: 5 Minuten

BioVal-Forschungsprojekt

BioVal ist ein Forschungsprojekt, das die fundamentale Verbindung zwischen Lebensmittelproduktion, Artenvielfalt und Klimaschutz untersucht. Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft entwickeln wir Methoden, um Biodiversität messbar zu machen und artenfreundliche Produktionsstandards zu schaffen. Für uns als Lebensmittelhersteller ist das eine besondere Verantwortung, denn die Artenvielfalt ist nicht nur für die Natur wichtig, sondern auch für die Gesundheit unseres Planeten und die Stabilität des Klimas.

Visionäre, Vorreiter, Wegbereiter

Rückblick ins Jahr 2021: Wir und zwei andere Lebensmittelhersteller (RitterSport und Frosta AG) wagen den ersten Schritt und schließen uns als „Reallabore“ der Forschung an. Wir wollten am eigenen Beispiel verstehen:

Wo können wir und unsere Lieferanten bei der Herstellung ansetzen, um Artenreichtum zu erhalten und die Auswirkungen unseres Tuns so klein wie möglich zu halten?

In einem zweiten Schritt war uns wichtig herauszufinden, wie wir unsere Kund:innen und Geschäftspartner:innen für das Thema Biodiversität begeistern können. Denn klar ist: Wir brauchen nicht nur gute Ideen und neue Standards, sondern einen ganz anderen Umgang mit dieser bisher unbekannten Thematik. Sichtbarkeit und Kommunikation auf breiter Front sind hier der Schlüssel.

Biodiversität – Was steckt denn nun dahinter?

Biodiversität ist die Vielfalt von Pflanzen, Tieren und Lebensräumen, die alle zusammenarbeiten, um Ökosysteme stabil zu halten. Diese Vielfalt sorgt dafür, dass wichtige Prozesse funktionieren: Wälder und Böden speichern CO₂, Pflanzen filtern Wasser, und Insekten bestäuben unsere Nahrung. Geht die Biodiversität verloren, werden diese natürlichen Klimaschützer geschwächt – mit Folgen wie häufigeren Überschwemmungen, schlechterer Luft und unfruchtbaren Böden. Biodiversität ist damit nicht nur für die Natur essenziell, sondern auch für unser Klima und unsere Lebensqualität.

Der Outdoor-Lebensraum außerhalb unserer vier Wände. Dort spielt sich alles ab, was die Natur zu bieten hat, und jeder hat seinen Platz im großen Ganzen. So kann ein einziger Baum z. B. Hunderte von Lebensformen beherbergen und ernähren. Von den Vögeln in seinen Ästen über die Insekten unter seiner Rinde bis hin zu den Kleinstlebewesen, die in Symbiose mit seinem Wurzelgeflecht leben. Denn bei Biodiversität geht es nicht nur um das, was wir sehen.

Auch Wasserkreisläufe, Nahrungsketten, Befruchtungsmechanismen und weitere abertausende Zusammenhänge gehören dazu. Die Funktionsfähigkeit der Biodiversität ist fundamental für das Gleichgewicht der Natur, die Erhaltung der Lebensräume.

Hochkaräter in der Grundlagenforschung

Gemeinsam mit dem Zentrum für Nachhaltige Unternehmensführung (ZNU) der Universität Witten/Herdecke, der Hochschule Bochum sowie dem Zentrum für Technik und Gesellschaft (ZTG) der Technischen Universität Berlin haben wir uns also an einen Tisch gesetzt und überlegt:

Wie können wir Biodiversität unter natur-, sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen Gesichtspunkten einordnen? Und wie bekommen wir daraus messbare Standards, die für die tägliche unternehmerische Praxis taugen?

Dabei wollten wir nicht nur wissenschaftliche Methoden entwickeln, die die Biodiversitätswirkungen der Lebensmittelproduktion sichtbar machen. Unser Ziel war es, Unternehmen grundsätzlich dabei zu unterstützen, den Schutz und die Förderung von Biodiversität in ihrem Management zu verankern.

Nachhaltige Unternehmensführung beginnt mit Hinsehen

Das Forschungsprojekt untergliedert sich in vier große Module – angefangen beim Sammeln von Daten. Denn wer Standards braucht, muss zunächst den Status quo prüfen. Wir stellten uns die Frage: Wie bekannt ist in Deutschland der Zusammenhang zwischen Lebensmittelproduktion, Konsum und Biodiversität? Bis dato gab es kaum Erkenntnisse, darum war der Erhebungsprozess intensiv und sehr aufschlussreich. -> zu den Ergebnissen

Wissenschaft und Praxis funktionieren zusammen

Im nächsten Schritt wurde es konkret: Wie kann man so etwas facettenreiches wie Biodiversität überhaupt auf Papier bringen? Welche Punkte fließen ein und worauf hat die Lebensmittelproduktion den größten Einfluss? Und wie lässt sich das alles in ein Schema packen? Zum Beispiel wissen wir, wie viel Wasser unsere Felder brauchen, aber daraus lassen sich noch keine Maßnahmen zur Verbesserung ablesen. Glücklicherweise hatten wir Unterstützung aus der Wissenschaft. Denn auch diese Kriterien war nicht ohne.

Das Beispiel der Landnutzungsklasse „Acker“ gibt einen guten Einblick, welche Kriterien bei der Bewertung von Biodiversität eine Rolle spielen:

  • Begleitflora: Wie viele Pflanzenarten pro Hektar gibt es, die nicht zur angebauten Sorte gehören? Wie viele davon stehen auf der Roten Liste der bedrohten Arten?
  • Strukturvielfalt: Wie viele strukturgebende Elemente wie Hecken, Sträucher oder andere Lebens- und Rückzugsräume gibt es? Wie hoch ist deren Flächenanteil?
  • Bodenbearbeitung: Welcher Anteil des Bodens wird bewirtschaftet? Wie lange dürfen Bodenflächen regenerieren und wie gestaltet sich die Fruchtfolge?
  • Einbringung von Fremdstoffen: Wie viele Hilfsstoffe werden dem System z. B. durch Düngung und Schädlingsbekämpfung zugeführt? Wie wirkt sich das auf Stickstoffbilanz und Co. aus?

Der Anfang ist geschafft …

Mittlerweile sind wir fast drei Jahre bei BioVal dabei und haben unzählige Daten erhoben, Infos ausgewertet und Ansätze eingebracht. Auch mit Verbraucher:innen stehen wir weiterhin in regelmäßigem Austausch und haben dadurch herausgefunden: Kund:innen sind bereit, sich mit dem Thema Biodiversität auseinanderzusetzen. Allerdings sind einige noch unsicher, ob sie durch ihren Einkauf wirklich selbst dazu beitragen können, den Artenreichtum in Ursprungsländern zu erhalten – und wenn ja, wie. Reicht es, Bio-Produkte zu kaufen? Sind sie automatisch biodiversitätsfreundlicher? Und was heißt „artenfreundlich“? Wie glaubwürdig sind Siegel und Produktinfos?

… und es soll weitergehen

Im Herbst 2023 haben wir deswegen nochmal die Köpfe zusammengesteckt. Wir wollten wissen, wie Konsument:innen auf Produkte mit Hinweisen zum Biodiversitätsschutz reagieren. Sind sie bereit, Mehrkosten für diese Art des Umweltschutzes in Kauf zu nehmen? Dafür wurden ca. 1.000 Personen zwischen 18 und 75 Jahren online befragt. Die Auswertungen laufen aktuell. Sobald sie abgeschlossen sind, bringen wir das Update.

Wo ist schon was zu sehen von BioVal?

Um genau zu sein: In Chile, Bolivien und Frankreich!

  • In Chile haben wir unsere Walnuss-Plantagen so gestaltet, dass bis zu 200 Jahre alte Bäume ihren Platz behalten konnten. Wie viele Lebewesen damit so weiterleben können, wie sie es schon seit Jahrhunderten tun, können wir nicht ermessen. Klar ist allerdings: So schmecken die Walnüsse direkt noch besser.
  • Paranüsse lassen sich nicht gezielt anbauen. Sie brauchen ein bestimmtes Ökosystem, das auf Plantagen nicht einzurichten ist. Die Bestäubung gestaltet sich komplex, nicht alle Bienen sind dazu in der Lage. Somit sind Paranüsse per se ein Indikator für ein intaktes Ökosystem und somit der „lebendige Beweis“ für Artenvielfalt im Ursprung.
  • Popcorn mit Wumms sind super, Popcorn mit Wurm sind (noch) nicht trendy. Der europäische Maiszünsler ahnt davon nichts. Die Larven dieses Schädlings bohrend sich in die Maispflanze und fressen unsere poppigen Körnchen, bevor wir es tun können. In solchen Fällen kommen normalerweise Pestizide zum Einsatz – sie retten die Ernte, aber killen die Artenvielfalt. Wir haben jemanden gefunden, der sich über Maizünsler freut: die Schlupfwespe. Sie pflanzt ihre Eier direkt in die Maiszünsler-Eier und verhindert damit seine Vermehrung. Darauf muss man erst mal kommen. Schlupfwespe, wir feiern dich!

Alles hängt zusammen und wir hängen mittendrin

Biodiversität und Klimaschutz sind untrennbar verbunden. Gesunde Ökosysteme binden CO₂, regulieren den Wasserhaushalt und schützen uns vor extremen Wetterereignissen. Wir bei Seeberger verstehen uns als Brücke zwischen Natur und Konsum und setzen alles daran, Artenvielfalt zu erhalten – für eine stabile Zukunft unseres Planeten.

Du willst mehr wissen? Hier entlang!

Weitere Informationen zum Seeberger Engagement in unserem Nachhaltigkeitshandlungsfeld „Lieferketten-Verantwortung“ findet ihr hier: Handlungsfeld Lieferketten-Verantwortung | Seeberger GmbH

Details zum Forschungsvorhaben sind hier zu finden: BioVal – Biodiversity Valuing & Valuation (bio-val.de)